SPONTANER EISPRUNG

DER BOTENSTOFF OXITOCIN BEIM ORGASMUS

Während der Orgasmus bei Männern relativ schnell vorüber zieht, kann er bei Frauen immerhin bis zu 30 Sekunden andauern. Dann macht sich Erlösung breit, Glücksgefühle und eine wohlige Erschöpfung stellen sich ein. Manche Paare lachen vor Freude oder hauchen sich jetzt die drei magischen Worte "Ich liebe dich" ins Ohr. Der sexuelle Höhepunkt macht Spaß, und das ist der Hauptgrund, weswegen er immer wieder von Neuem gesucht wird. Zumindest für den Mann gilt dies uneingeschränkt. Doch warum hat die Evolution den Orgasmus der Frau hervorgebracht? Frauen müssen ihn schließlich nicht unbedingt haben, damit eine Befruchtung stattfindet. Aber er ist sehr hilfreich, wie Reproduktionsmediziner und Gynäkologen festgestellt haben. Nach Forschungsergebnissen hat sich herausgestellt, dass durch die Ausschüttung von Oxytocin zum Zeitpunkt des Oragsmus der Eisprung extrem gefördert bzw. sogar ausgelöst werden kann. Der Orgasmus der Frau ist also hilfreich dafür, dass eine Befruchtung statt findet. Dazu ist es wichtig, dass sich das Paar nachhaltig aneinander gebunden fühlt, und das ist eine weitere Hauptfunktion des Orgasmus. Zwar ist es heute, in unserer relativ abgesicherten westlichen Welt, für eine Mutter ein lösbares Problem, ein Kind auch ohne den Vater großzuziehen. Doch unter Steinzeitbedingungen waren die Überlebenschancen einer schwangeren Single-Frau oder einer alleinerziehenden Mutter wohl nicht allzu gut.

Und deswegen, so die Theorie, werden beim Orgasmus Bindungshormone ausgeschüttet. Eines davon ist Oxytocin, ein richtiges Multitalent unter den Hormonen. Es sorgt nicht nur für die Kontraktion der Gebärmuskeln und bereitet dem Eisprung den Weg, sondern ist überdies das "Hormon der Nähe". Es wird als Antistresshormon angesehen, das die Paarbildung erleichtert, für Frauen wie Männer. Oxytocin sorgt mit dafür, dass wir uns in eine starke soziale Bindung begeben. Oxytocin wirkt ebenso als Treuehormon. Der Botenstoff Oxytocin ist jedoch sehr flüchtig, und es stellt sich die Frage, ob Orgasmushormone auch Nachhaltigkeit in der Partnerbindung erzeugen können. Diese Frage kann bejaht werden, denn ein weiterer Vorgang, den der Orgasmus mit sich bringt, ist ein Ausstoß des Hormons Prolaktin. Es ist das Befriedigungshormon und sorgt dafür, dass Männer nach dem Sex einschlafen – oder es zumindest gerne tun würden – und dass Frauen sich anschließend in die Arme des Mannes kuscheln. Ausserdem dient Prolaktin der Neurogenese, es lässt die Nerven im Gehirn sprießen. Dass man sich durch emotionale Zustände neuronal verändert, wurde von dem Psychologen Louis Cozolino bewiesen. Wenn zwei Partner sich monogam verhalten und Orgasmen immer nur miteinander erleben, lernt das Gehirn, diese angenehmen Zustände nur mit dem jeweiligen Partner zu verknüpfen. Daher sind gute Orgasmen die neuroendokrinologische Voraussetzung für eine dauerhafte Partnerschaft.

ANATOMIE UND ORGASMUS

Neben allen an der Sexualität beteiligten Hormonen ist auch die Anatomie entscheidend dafür, ob eine Frau zum Höhepunkt kommt oder nicht. Maßgeblich ist nämlich der Abstand zwischen Klitoris und Vagina. Ist er groß, wird die Klitoris beim normalen Sexualakt nur wenig stimuliert, die Beteiligung der Klitoris bei der Penetration ist dann gering. Beim ersten wissenschaftlich beschriebenen intim chirurgischen Eingriff zur Förderung der Lust ging es genau um diesen Abstand. Er wurde verkürzt. Diese Operation wurde erstmals durchgeführt an Marie Bonaparte, wie Forscher berichteten. Marie Bonaparte soll über das Ergebnis so beglückt gewesen sein, dass sie aus Dankbarkeit dem Initiator der Operation, Sigmund Freud, zur Flucht aus dem Nazideutschland verhalf.

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